Carl Lenkeit

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*29. August 1897 in Altona/Hamburg

Carl Johannes Lenkeit (die Schreibweise von Vor- und Nachname variiert in verschiedenen Unterlagen) wurde am 29. August 1897 als Sohn des Arbeiters Friedrich Ernst und der Erna Lenkeit, geborene Miller, in der damals noch selbständigen Großstadt Altona, Bergstraße 35 im dritten Stock geboren. Er arbeitete als Bäcker und war mit Emma, geb. Rudolph, seit 1932 verheiratet. Sie wohnten in der Holstenwiede 12 im (1937 eingemeindeten) Hamburg-Altona und hatten sieben Kinder.

Am 14. Oktober 1941 wurde Carl Lenkeit als Flieger zur Fliegerhorstkompanie Handorf (heute Stadtteil von Münster) einberufen. Eine weitere Station war die Nebelkompanie Friedrichshafen und als letzter Truppenteil die Nebelkompanie 29 in Brüx im Sudetengau.

Carl Johannes Lenkeit wurde wegen Fahnenflucht aus der Wehrmacht entfernt und deswegen ohne Erkennungsmarke von der Wehrmachtshaftanstalt Ludwigsburg am 12. Februar 1944 ins Reservelazarett Winnenden eingeliefert. Im dortigen Krankenbuch sind unter anderem „unbestimmte Beschwerden“ und „leicht vermehrter Bluthochdruck“ vermerkt. Er wurde im Reservelazarett Winnenden auf seinen Geisteszustand überprüft und am 7. März 1944 als „kriegsverwendungsfähig“ wieder in die Wehrmachthaftanstalt Ludwigsburg zurückgebracht. Das Feldgericht des kommandierenden Generals und Befehlshabers im Luftgau VII konnte Lenkeit nun zum Tode verurteilten. Weder eine Truppenmeldung noch ein Vorgang noch das Gerichtsurteil liegen vor. Lediglich eine „Verlustmeldung“ des Luftgaus VII. Das Urteil wurde am 9. September 1944 um 6:45 Uhr vollstreckt und um 8 Uhr wurde Carl Lenkeit beerdigt - der Bestattungsschein war schon am Vortag ausgefüllt worden.

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Sein Enkel, der über eine Internet-Recherche Kontakt zur Stolperstein-Initiative Ludwigsburg aufnahm, schrieb uns:

„Die Hinrichtung meines Großvaters Karl Lenkeit hatte weitreichende Folgen, die bis in meine Generation der Nachfahren spürbar ist. Da mein Großvater als Deserteur hingerichtet wurde, fiel die staatliche Unterstützung für die Hinterbliebenen weg. Daher war die Mutter mit - zum Zeitpunkt des Todes des Vaters - sieben minderjährigen Kindern mittellos.

Die Kinder wurden der Mutter genommen und einige wurden in Waisenhäusern untergebracht. Andere wiederum kamen zu ,Pflegeeltern‘, wo sie teils wie Sklaven gehalten wurden und schwere Arbeit verrichten mussten. Auch bis lange nach dem Kriege, denn die Kinder waren ja untergebracht. Ein Onkel konnte erst mit dem Erreichen der Volljährigkeit in den 1960er Jahren den Hof der sogenannten. Pflegeeltern verlassen.Jedenfalls waren die Kinder stigmatisiert als Kinder eines Volksverräters. Tatsächlich waren die Kinder somit Willkür und Gewalt ausgesetzt - auch in den Heimen. Es war niemand da, der ein Auge darauf hätte werfen können.

Letztendlich ist es verwunderlich, dass bis auf ein Kind alle überlebt haben und sie nicht in Zuchthäuser oder in ein KZ gesteckt wurden, um sie zu ermorden.

Diese Geschichte zog sich wie ein roter Faden durch das Leben meiner Mutter und unserer Familie. Aber immer wurde darüber geschwiegen. Auch ich tue mich nicht wirklich leicht damit, darüber zu schreiben.“

Diese Scheu ist weit verbreitet, über Soldaten zu sprechen, die sich dem verbrecherischen Angriffskrieg der Wehrmacht entzogen haben. Vor ihnen sollten wir Hochachtung empfinden.

Quellen:

https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/102137297/person/ Hamburg, Geburtsregister 1874-1901, Ancestry Abruf 6.9.2023
BArch-PA B 563-1 Kartei L- 1192/47
BArch B 578/M 3777-3786: Krankenbuch Nr. VII, Bl. 124, lfd. Nr. 742 (Laufzeit: 15.08.1943 bis 01.04.1944, Signatur: M 3783)
StaatsA LB EL 20/1 VI Bü 165, Bild 38
StA LB L67 A.05.1. Allgemeines lauf. Nr. 040



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